Aurelius Augustinus

Die Welt ist ein Buch. Wer nicht reist, sieht nur eine Seite davon.
~Aurelius Augustinus~

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Fraser Island

Um es vorweg zu sagen, Fraser Island war bisher das beste, was ich in Australien erleben durfte. Es war einfach der Hammer und es ist schwierig in Worten zu beschreiben wie unglaublich schön diese Insel ist und wie viel sie zu bieten hat. Natürlich habe ich die Insel mit einer organisierten Tour erkundet. Und auch hier muss ich sagen, dass es die beste Entscheidung war. Sicherlich hat es mal wieder viel Geld gekostet, aber es hat sich mehr als gelohnt.

Von einem Stranddörfchen ins nächste


Nach Airlie Beach fuhr ich mit dem Nachtbus in circa 14 Stunden nach Rainbow Beach. Die Busfahrt war ätzend, aber daran führte kein Weg vorbei. Erst war es kalt wegen der Klimaanlage, jemand beschwerte sich bei Busfahrer und danach war es heiss wegen der Heizung. So wechselte die Temperatur im Bus rund dreimal bis wir am frühen Morgen endlich Rainbow Beach erreichten. Ich war mehr als froh, dass meine Unterkunft keine 50 Meter neben der Bushaltestelle lag. Leider war es noch nicht möglich einzuchecken, da mussten wir noch fast vier Stunden warten. Wir verbrachten unsere Zeit mit gratis WLAN in der Lounge des Hostels und konnten uns kaum beschweren. 

Meine Reisekollegen schliefen bald friedlich auf den Sofas während mich der Hunger plagte. Ich machte mich auf, um das kleine Städtchen zu entdecken, das eigentlich nur aus einer Hauptstrasse Richtung Strand besteht. Während ich zum Strand schlenderte, holte ich mir an einer Bäckerei einen leckeren Chicken Curry Pie, eine Art Fleischkuchen mit Poulet und Curry. Es herrschte das perfekte Wetter, kein einziges Wölkchen am Himmel. Ich sage euch, die Aussicht auf das Meer von den Klippen oberhalb des Strandes war fantastisch. Das Meer ist dort nicht einfach nur blau. Es ist dunkelblau, hellblau, türkisblau, grünblau und so weiter und so fort. Und mit dem Pie in meiner Hand war die Aussicht noch viel besser. So lässt es sich leben.

Am Mittag konnten wir endlich einchecken. Zur allgemeinen Verwunderung erhielten wir ein Set aus Blechgeschirr, bestehend aus Teller, Schüssel und Becher, dass wir am nächsten Tag mit auf unsere Tour nach Fraser Island mitnehmen sollten. Am frühen Abend erwartete uns dafür noch eine kurze Einweisung dazu. Diese war nicht wirklich aufschlussreich. Allerdings lernten wir unsere Gruppe kennen, mit der wir die nächsten Tage auf der Insel verbringen würden. Und wir bestellten Alkohol für alle, den auf der Insel gibt es keinen zu kaufen. Wer also am Abend gemütlich ein Bierchen am Lagerfeuer zischen möchte, der muss das selbst mitbringen. Ich entschied mich dafür, mit meiner neu gefundenen Freundin eine Vier-Liter-Packung Weisswein zu kaufen. Es handelt sich dabei um Goon, falls das jemandem etwas sagt. Alkohol ist in Australien sehr teuer und so trinken die meisten Backpacker billigen Wein. 

Das hier ist nicht Glamping!


Bei der Einweisung wurde mir aber bewusst, was ich da eigentlich gebucht hatte. Besser spät als nie, würde ich sagen. Wir würden auf eine Sandinsel fahren, die grösste auf der ganzen Welt. Unsere Gruppe bestand aus knapp 30 Personen, aufgeteilt auf vier Geländefahrzeuge, die wir selbst würden fahren müssen. Und dies mit Schaltgetriebe und im Sand. Wir waren als Gruppen selbst dafür verantwortlich von A nach B zu kommen, würden aber natürlich dem Leitfahrzeug mit unserem Guide folgen. Wir würden ausserdem zwei Nächte auf einem Campingplatz übernachten, in Zelten, die bereits aufgebaut waren und auf uns warteten. Naja, und wir waren für unser Essen verantwortlich. Jede Gruppe würde Lebensmittel für drei Tage für Frühstück, Mittag- und Abendessen erhalten, alles sortiert in Kühlboxen mit Eis. Morgens würde es Toast und Cornflakes geben, für mittags waren Wraps mit Salat, Käse und Fleischaufschnitte vorgesehen und am Abend würden wir gemäss Rezept in Gruppen auf den Gaskochern im Camp kochen. Ich hatte mich somit für ein ziemliches Abenteuer entschieden. 

Nach der Einweisung ging es erst einmal ans Packen, denn jeder sollte nur einen kleinen Rucksack mit dem Nötigsten für drei Tage mitbringen. In unserem Zimmer herrschte Chaos. Jeder packte seinen grossen Backpack aus, sortierte Kleider und packte verschiedene Taschen. Ich packte so wie ich für einen Campingtrip packen würde und hielt mich zurück, was Unnötiges wie z.B. Mascara betraf. Hauptsache ich hatte an Sonnencreme und Moskitospray gedacht. Den Schlafsack erhielten wir am nächsten Morgen direkt beim Beladen der Fahrzeuge. Achja, und wir sollten Zwei-Dollar-Münzen für die Duschen bringen. 

Es geht los!


Am nächsten Morgen ging es endlich los. Nachdem alle potenziellen Fahrer, mich eingeschlossen, das Sicherheitsvideo gesehen hatten und wir die Fahrzeuge und den Anhänger mit Essen, Getränken, Rucksäcken und Alkohol beladen hatten, ging es endlich los. Das Wetter war gut, obwohl es doch ein paar wenige Wolken am Himmel hatte. Unser Guide Mick fuhr das Leitfahrzeug und meine Gruppe fuhr bei ihm mit. Mick ist ein typischer Australier, flucht viel, aber liebt sein Land und seinen Job als Guide für Fraser Island. Er würde die nächsten drei Tage mit uns verbringen und uns zu den schönsten Plätzen auf der grössten Sandinsel der Welt bringen. 

Bis wir aber endlich über den Sand der 75-Mile-Strands auf Fraser Island fahren konnten verging rund eine Stunde. Um auf die Insel zu kommen, nimmt man eine Fähre vom Festland. Dort erwartete uns eine ziemlich lange Schlange, da Spring Break (Schulferien) und zudem Sonntag war. Die Gelängewagen standen am Festland und auf der Insel Schlange und die beiden Fähren kamen kaum nach, um die Fahrzeuge hin und her zu transportieren. Während wir warteten, spazierten wir am Strand und einige spielten Frisbee. Die Überfahrt mit der Fähre dauerte schliesslich keine 15 Minuten und wir konnten auf dem Weg rüber sogar ein paar Delfine im Wasser entdecken. Es begann also schon mal sehr gut. 

Unser erster Halt auf der Insel war Lake Wabby, zu dem uns eine gut 30-minütige Wanderung durch den Busch führte. Sobald man aus dem Wald rauskommt, sieht man eine riesige Sanddüne und sucht erstmal vergeblich nach einem See. Man sieht nur Sand, soweit das Auge reicht. Nach ein paar hundert Metern geht es auf der Seite steil bergab und man sieht den grünen See vor sich liegen. Alle stürzten sich gleich ins Wasser, denn die kleine Wanderung war doch sehr schweisstreibend gewesen. Wir schwommen bis zum anderen Ende des Sees und wieder zurück und legten uns für eine Weile in die Sonne. Leider ging es nicht lange und der Himmel zog sich zu und plötzlich regnete es, wie aus Kübbeln. Man kann sich vorstellen, wie schnell sich alle zurück auf den Weg zu den Autos begaben. 

Wir machten noch einen kurzen Abstecher zu einem kleinen Laden, im Stil von Tante Emma, wo wir uns mit Süssigkeiten und Glacé eindecken, bevor es zum Campingplatz ging. Mir persönlich hat der Campingplatz sehr gut gefallen. Es gab eine offene Hütte mit Gaskochern, Tischen und Bänken, einen Container mit WCs und einen mit Duschen und Zweierzelte, die jeweils in Grüppchen unter Planen aufgebaut waren. Wir richteten uns alle ein, gingen duschen und trafen uns danach zum Kochen wieder. 

Beim gemeinsamen Kochen wurde meine Geduld ziemlich auf die Probe gestellt. Es war eigentlich ziemlich einfach. Gemüse kleinschneiden und anbraten, Poulet anbraten, Reisnudeln in heissen Wasser ziehen lassen und anschliessend alles mit einer süssen Chilisauce mischen. Ich sage ja, eigentlich. Denn die Anleitung, die wir schriftlich hatten, war eindeutig. Trotzdem entstand eine Diskussion, wann wir welchen Gemüse anbraten sollten. Echt jetzt? Hier habe ich festgestellt, ich bin eine Person, die hangry wird - eine Kombination aus hungrig und wütend. Nachdem ich mir von meiner netten Kollegin zu einem Becher kühlen Weissweins helfen liess, sah die Welt aber schon viel besser aus und ich briet zufrieden das Gemüse in der von der Mehrheit gewünschten Reihenfolge an. Und niemand merkte, dass ich überhaupt für eine kurze Zeit hangry war. Das Essen wurde überragend gut und wir lobten uns selbst mehrmals für unsere tolle Leistung nachdem wir alles verdrückt und das Geschirr gespühlt hatten.

Sky full of stars


Nach dem feinen Essen sassen wir noch gemütlich zusammen und spielten ein überaus lustiges Trinkspiel. Wirklich betrunken wurde kaum einer, wir haben aber trotzdem sehr viel gelacht. Später machten wir uns mit der gesamten Gruppe auf den Weg zum Strand. Denn trotz des starken Regens ein paar Stunden zuvor, erwartete uns dort ein klarer Himmel. Es war unfassbar schön, ich habe noch nie so viele Sterne und die Milchstrasse gesehen. Es gab ausserdem Sternschnuppen noch und nöcher. Ich sass da also nachts am Strand von Fraser Island, eingehüllt in meinen Fleecepulli, meine Leggings bereits feucht vom nassen Sand, mit lauter Mückenstichen an meinen Beinen, und war schlichtweg bezaubert von dem Sternenhimmel über mir. Ich war überglücklich und dankbar für diesen einzigartigen Moment. 

Der nächste Tag begann bereits sehr aufregend für mich, denn ich war an der Reihe mit fahren. Wie würde es wohl sein, mit dem Steuer auf der rechten Seite zu fahren? Ist es schwierig, im Sand zu fahren? Naja, anfangs war das Einstellen des Sitzes mein grösstes Problem. Denn es war nicht möglich, den Sitz noch weiter vorzuziehen und trotzdem erreichte ich die Kupplung nicht ganz. Mick wusste natürlich Abhilfe und die anderen besorgten mir einen Schlafsack, den ich schön im Rücken platzierte. Danach konnte es endlich losgehen. Und es war total cool! Ich hatte ziemlich viel Spass dabei über den Strand zu fahren, mit Musik in den Ohren und einer fantastischen Aussicht auf das Meer bei bestem Wetter. 

Da es noch nicht aufregend genug war, einen Geländewagen im Linksverkehr über den Sand zu fahren, erwartete mich, oder bzw. uns alle, eine weitere Überraschung am Strand. Die Polizei führte Alkoholkontrollen durch. Schliesslich wissen sie, dass viele Rucksacktouristen diese Selbstfahrer Touren machen und abends gerne einen über den Durst trinken. Ich durfte also zum allerersten Mal in meinem Leben pusten, in Australien, auf der grössten Sandinsel der Welt, auf Weltreise. Der Polizist war aber ziemlich locker drauf und machte ein paar Witze. Er hat es immerhin nicht allzu schlecht, er arbeitet im Paradies, mit dem Strand als Einsatzgebiet. Natürlich hatte er bei mir nichts zu beanstanden und so konnten wir unsere Fahrt fortsetzen. Mick hatte uns schon am Vorabend gewarnt, dass solche Kontrollen öfters vorkommen. 

Unser erster Halt an diesem Tag war der Indian Head Lookout, ein hoher Felsen im Norden der Insel, von dem aus man einen atemberaubenden Ausblick auf das Meer und den Strand zu beiden Seiten hat. Auch hier erwartete uns ein kleiner Höhepunkt. Wie wir da so sassen und die Aussicht genossen, machten wir in der Ferne ein paar Wale aus. Es ist einfach so unglaublich, wie viele Wale wir im Allgemeinen gesehen haben. Aber dies übertraf alles, denn die Wale schwommen auf uns zu. Sie kamen immer näher, bis sie praktisch unterhalb des Felsens vor unserer Nase im Wasser tollten, eine Mutter und ihr Kalb. Wie cool ist das bitte?

Es ging danach weiter zu den Champagne Pools. Hier kann man in kristallklarem Wasser im Meer baden gehen, geschützt in einer Art natürlichen Pools. Denn, das habe ich noch nicht erwähnt, auf Fraser Island kann man nicht einfach im Meer baden gehen. Man hat diesen kilometerlangen wunderschönen Sandstrand und keiner, wirklich keiner geht dort schwimmen. Der Grund dafür sind Haie und starke Strömungen. An den Champagne-Pools vertrieben wir uns etwas die Zeit im Wasser und mit Sonnenbaden am Strand. Leider war es dort recht überlaufen, wie wohl überall zu dem Zeitpunkt. 

An diesem Tag besuchten wir noch zwei weitere bekannte Sehenswürdigkeiten auf der Insel. Zum einen legten wir einen kurzen Stopp am rostenden Schiffswrack der Maheno ein. Dieses Kreuzfahrtschiff war 1935 auf Grund gelaufen und konnte trotz Bemühungen nicht geborgen werden. Seither liegt es dort und ist der Witterung, und natürlich den Besucherströmen ausgeliefert. Der andere Ort und unser letzter Stopp an diesem Tag war Eli Creek, ein Bach der ins Meer fliesst. Der Wasser ist eines des besten in Australien und wir füllten unsere Wasserkanister zum Trinken am Quell des Bachs auf, bevor wir uns auf Gummireifen zur Mündung treiben liessen. Das Wasser war ziemlich kalt und nach einer Runde hatten wir es dann auch gesehen. Die restliche Zeit an diesem Strand verbrachten die anderen mit Volleyball. Mick hatte ein Seil zwischen zwei Autos gespannt und damit ein Netz improvisiert. Ich habe nicht so gern Volleyball und genoss die Ruhe mit ein paar Mädels etwas abseits vom Trubel. 

Ein toller Tag ging wieder einmal zu Ende und im Camp warteten schon die Duschen und Gaskocher auf uns. Hier kam die Bestätigung: ich bin echt jemand, der hangry wird. Aber der Goon war zum Glück zur Stelle und half mir über mein Tief hinweg. Es wurde insgesamt noch ein sehr schöner Abend, wenn auch mit bewölktem Himmel und nur sehr wenigen Sternen. Stattdessen grillten wir ein paar Marshmallows am Lagerfeuer mitten im Camp. Dazu muss ich noch sagen, dass Feuer machen auf Fraser Island eigentlich verboten ist. Da der Campingplatz aber auf dem Land der Ureinwohner - den Aborigines - errichtet ist und ihnen somit gehört, können sie dort machen, was sie wollten. Für uns gab es nur zwei Verhaltensregeln während unseres Aufenthalts im Camp. Wir durften nicht pfeifen und sollten auch nicht ins Feuer spucken. Die Aborigines sehen dies als eine Beleidigung der Geister an. 

Saving the best for last


Der absolute Höhepunkt erwartete uns am letzten Tag. Wir standen sehr früh auf und packten all unsere Sachen in die Autos, da wir zeitig abfahren wollten. Micks Plan war es nämlich, zu den Ersten zu gehören, die an diesem Tag den berühmten Lake McKenzie erreichten. Wir hatten davor aber noch rund zwei Stunden Autofahrt vor uns. Der Weg führte erst am Strand entlang und zweigte dann ins Inselinnere ab, den dort befindet sich der kristallklare See mit weissem Sandstrand. Wir fuhren landeinwärts durch einen dichten Wald, der aus Farnen, Palmen und gigantischen Urwaldbäumen besteht. Schon allein das war ziemlich toll. Aber nicht annähernd so bombastisch wie der See, der uns unterhalb vom finalen Parkplatz erwartete.

Das Wetter auf wunderschön als wir uns auf den Weg runter zum See machten, Sonnenschein und strahlend blauer Himmel. Dort angekommen traute ich kaum meinen Augen als ich den weissen Puderzuckersand und das kristallklare blaue Wasser sah. Es ist alles andere als einfach, diesen spektakulären Ort mit Worten zu beschreiben, die ihm gerecht werden. Es ist wie im Paradies. Und ich war glücklich und dankbar, dass ich dort sein durfte. Wir gingen eine Runde baden, ich übte meinen Handstand und posierte für verschiedene Fotos. Es war perfekt! Als nämlich all die anderen Touristen ankamen, war es für uns bereits an der Zeit aufzubrechen. 

Wir erlebten noch zwei weitere coole Dinge während wir so den Strand entlang Richtung Fähre fuhren. Auf der Insel werden Rundflüge mit kleinen Flugzeugen angeboten, und wo sollten diese Flugzeuge anderes starten und landen, wenn nicht am Strand. So wurden wir Zeuge, wie gleich zwei kleine Maschinen direkt neben uns im Sand abhoben. Kurz darauf durften wir noch einen Dingo sehen, das ist nicht selbstverstädlich. Dingos sind Wildtiere, auch wenn sie wie Hunde aussehen. Auf der Insel gibt es noch rund 200 Tiere, die als die reinrassigste Art von Dingos in Australien gelten, da sie isoliert leben. Vor Dingos muss man sich durchaus in Acht nehmen, da sie in der Vergangenheit bereits Menschen angegriffen haben. Unser Campinglatz war zum Beispiel rund herum eingezäunt und elektrisch gesichert. 

Mit der Fährenüberfahrt zum Festland endete unser Ausflug zu diesem faszinierenden Ort wenige Stunden später auch schon. Es war ein super tolle Zeit mit tollen Menschen und einzigartigen Erlebnissen. Ich bin froh, dass ich mich für diese Tour entschieden habe, denn für mich hat sie vollkommen gestimmt. Natürlich muss man irgendwo Abstriche machen und es lässt sich sicher etwas zu meckern finden. Aber warum sollte ich den negativen Dingen auch nur das kleinste bisschen Aufmerksamkeit schenken, wenn ich doch so eine gute Zeit hatte. 








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